No Mercy – Finanzamt ohne Verantwortung

Irgendwie hofft man ja immer, dass Gerechtigkeit und Recht irgendwie zusammengehen. Praxistipp aus diesem Beitrag: als Erbe unbedingt daran denken gekündigte Konten des Erblassers auch beim Finanzamt löschen zu lassen, sonst überweist das Finanzamt etwaige Steuererstattungsansprüche an Fremde ... 

Was ist passiert?

Die Witwe und Alleinerbin kündigt und konsolidiert nach dem tragischen Tod ihres Mannes die Bankkonten. Darunter auch ein Konto, welches bei einer Onlinebank geführt wurde und welches beim Finanzamt während der Ehe als Steuer-Referenzkonto hinterlegt war.

Bis zur vollständigen Regelung aller Nachlass- und sonstiger Steuerangelegenheiten vergeht seit der Kontoschließung über ein Jahr. Die Erbin erhält erfreulicherweise einen Erstattungsbescheid über Einkommensteuer (ESt) des Finanzamts zugestellt, es trifft jedoch kein Geld auf dem Konto der Erbin ein, denn als Auszahlungskonto führt die Finanzkasse noch immer das gelöschte Konto des Erblassers. Und jetzt?

Auf Nachfrage bei der Onlinebank teilt die Bank mit, dass nach sechs Monaten die Kontonummern neu vergeben werden. Den neuen Kontoinhaber könne man zur Klärung der Angelegenheit aus Datenschutzgründen jedoch nicht nennen.

Auf Nachfrage beim Finanzamt wird mitgeteilt, dass die Steuererstattung auf das „falsche“ Konto nicht vom Finanzamt zu verantworten ist und auch keine Verpflichtung bestünde bei der Onlinebank eine Klärung zu veranlassen. 

Gibt es eine Lösung?

Im konkreten Fall gelingt es zumindest auf dringende persönliche Bitte und Kulanz des Finanzbeamten die Onlinebank zu bewegen, beim neuen Kontoinhaber eine Anfrage zu stellen. Ergebnis: der neue Kontoinhaber gibt keine Auskunft und beruft sich auf §818 (3) BGB wonach die bereicherte Person das Geld dann nicht mehr herauszugeben hat, wenn sie „nicht mehr bereichert ist“, also es nicht mehr hat.

Laut der beteiligten Juristen ist die Chance auf Erfolg bestenfalls 50%. Jetzt ermittelt erstmal die Staatsanwaltschaft, um zumindest den Namen des Kontoinhabers zu erhalten. 

Selbstverständlich muss man fragen, warum der- oder diejenige, der bzw. die die Zahlung vom Finanzamt erhalten hat, das Geld nicht freiwillig an die Alleinerbin zurückgibt. Das ist aber eine moralisch-ethische Frage, die jeder für sich beantworten muss.

Um das Problem der Erbin von vornherein zu verhindern ist Aufmerksamkeit und Eigenverantwortung gefragt: führen Sie nach dem Erbfall die Kontobereinigung auch gegenüber den Finanzämtern durch, sonst kann es sein, das sich Ihre Steuererstattungen in Luft auflösen ...

Autor: Stefan Herborg - ERBEn NEU ERLEBEN
Mensch statt Anwalt für Erbcoaching, Testamentsvollstreckung und Mediation