Das neue Cool: Pflichtteilsverzicht.

Pflichtteilsverzicht?! Bedrohlicher kann ein Begriff kaum klingen. Seit meine 16 jährige Tochter mir gesagt hat, sowas würde sie nie unterschreiben, dachte ich mir, ein Beitrag zum Erhalt des Friedens zwischen Generationen ist angebracht.

Eine typische Situation: die Eltern einer befreundeten Familie mit 2 Kinder hatten ihre Kinder im Rahmen ihres Testaments um einen Pflichtteilsverzicht gebeten und davon erzählt. Die Mutter besitzt ein kleines Unternehmen und eine Immobilie allein. Die Eltern haben ein Berliner Testament gemacht, bei dem zunächst der andere Elternteil erbt und die Kinder erst, wenn beide Eltern gestorben sind. Die Familie versteht sich prima, die Tochter hat jedoch einen ausgeprägten Hang zum Luxus ohne das entsprechende Einkommen. Wenn die Mama stirbt, erbt der Vater laut Berliner Testament allein, die Kinder haben trotzdem einen unentziehbaren Pflichtteilsanspruch. Diesen Anspruch müssen die Kinder natürlich nicht fordern, könnten Sie aber. Würde die Tochter bei Geldnot ihren Pflichteilsanspruch gegen den Vater geltend machen, wäre dieser sofort fällig und müsste, sofern keine andere Einigung gefunden wird, in Geld bezahlt werden. Das gilt auch, wenn das gesamte Vermögen in Immobilien und einem Unternehmen besteht und gar kein Bargeld vorhanden ist. In der Konsequenz müssen Sachwerte, egal ob der Zeitpunkt günstig ist oder nicht, verkauft werden, um das Geld zur Zahlung des Pflichteilsanspruchs zu erhalten.

So ein Zwangsverkauf kann den Fortbestand des Unternehmens gefährden, die wirtschaftliche Basis für die ganze Familie könnte zerfallen. Für solch einen Fall ist der Pflichtteilsverzicht gedacht und entfaltet positive Wirkung: Planungssicherheit für das Unternehmen, Zukunftssicherheit für den Vater, Streitvermeidung in der Familie und das Committment für ein gemeinsames Ziel, nämlich einen langfristigen Erhalt des Familienvermögens. Pflichteilsverzicht beabsichtigt hier gerade nicht, die Kinder zu benachteiligen - sie müssen nur im Interesse der Versorgung ihrer Eltern und des Vermögenserhalts länger auf das Erbe warten.

Reaktion meiner Tochter:

Cool – wenn das so ist, würde ich einen Pflichtteilsverzicht na klar unterschreiben. Am Ende erbe ich mit meinem Bruder ja sowieso alles. Aber ich würde gerne wissen, ob Mamas Firma etwas für die Umwelt und unsere Schule spenden kann – na sicher!

Autor: Stefan Herborg - ERBEn NEU ERLEBEN
Mensch statt Anwalt für Erbcoaching, Testamentsvollstreckung und Mediation