Die zahnlose Patientenverfügung

Was ist passiert?

Meine 17-jährige Tochter hat sich neulich – pünktlich zwei Wochen vor den schriftlichen Abiturprüfungen – tief in den Zeigefinger der rechten Hand geschnitten. Nur mein Sohn war zu Hause und hat sie ins Krankenhaus gefahren, er ist 22. 

Gott sei Dank war meine Tochter ansprechbar. Wenn nicht, hätte er weder gewusst, was meine Tochter möchte, noch irgendwelche Befugnisse gehabt, etwas zu entscheiden oder auch nur Information vom Arzt zu erhalten, denn dieser unterliegt der Schweigepflicht. 

Sie werden einwenden – klar, der Bruder ist ja nicht erziehungsberechtigt. Stimmt. Aber in zwei Monaten ist meine Tochter 18 und ab diesem Moment darf niemand mehr für sie entscheiden. Auch die Eltern nicht und auch nicht die Geschwister und auch nicht ein Verlobter oder Ehegatte. Das ist in anderen Ländern z.T. anders, aber nicht in Deutschland.

 Ein kleiner Fall, aber große Erkenntnis bei meinen Kindern. 

Was ist zu tun?

Um für eine volljährige Person handeln zu dürfen, muss diese eine Vollmacht ausgestellt haben. Diese Vollmacht ist gemeinhin als “Vorsorgevollmacht” als “Vorsorgevollmacht mit vorsorglicher Betreuungsverfügung” bzw. als “Generalvollmacht für Vermögens-, und persönliche Angelegenheiten” bekannt und gibt dem Bevollmächtigten die juristische Macht im Sinne des Betroffenen handeln zu dürfen. Liegt diese nicht vor, müssen Sie ertragen, was Fremde - z.B. ein gerichtlich bestellter Betreuer -  entscheiden. Das kann gut sein, muss es aber nicht.

Aber ich habe doch eine Patientenverfügung?

Prima, hilft hier aber nicht. Denn die Patientenverfügung ist nichts anderes als eine Art Handlungsanweisung für das Krankenhaus und die Ärzte, welche Behandlungsalternativen bei nicht mehr vorhandener Mitteilungsfähigkeit des Patienten gewählt werden müssen. Doch diese Verfügung muss von jemanden durchgesetzt und überwacht werden. Sie sollte weiterhin der aktuellen Rechtslage entsprechen. Das kann aber nur ein dafür Bevollmächtigter. Bevollmächtigung setzt aber eine wirksame Vollmacht voraus. Deshalb macht eine Patientenverfügung ohne Vorsorgevollmacht wenig Sinn! Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind deshalb wie Topf und Deckel – man braucht beides.

Die Erstellung einer Vorsorgevollmacht dauert wirklich nicht lang, schafft aber sehr große Sicherheit. Die Schwierigkeit ist hier weniger der juristische Rahmen, als vielmehr jemanden zu finden, dem man zu 100% vertraut. Wenn Sie diese Person haben, gehen Sie das Thema an – jetzt!

In nur einer Stunde haben Sie Klarheit, versprochen.

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Autor: Stefan Herborg - ERBEn NEU ERLEBEN
Mensch statt Anwalt für Erbcoaching, Testamentsvollstreckung und Mediation